Von Chancen, Hoffnungen und Bäume schneiden…
Fasten Sie in diesem Jahr? Die Fastenzeit lädt uns jedes Jahr ein, uns aus unserem Alltag ein Stück herauszuziehen, genauer hinzuschauen, um eingefahrene Wege zu verlassen, wenn wir uns denn trauen. Für mich persönlich ist die Fastenzeit für Veränderungen noch viel geeigneter als beispielsweise der Jahreswechsel. Zum neuen Jahr schmieden unglaublich viele Leute neue Vorsätze für einen so unglaublich langen Zeitraum von 365 Tagen. 40 Tage Fastenzeit sind da doch viel überschaubarer und motivieren mich, wirklich dran zu bleiben. In diesem Jahr versuche ich mir selbst mehr Zeit zu gönnen. Sei es bei einem Spaziergang oder beim Lesen eines Buches. Das mit dem Spaziergang ziehe ich aktuell echt gut durch. Seit Aschermittwoch war ich nun täglich unterwegs. Wenn man so in der Natur unterwegs ist, dann fallen einem die interessantesten Dinge auf. Blumen, Gräser, Holz, Hasen, die über den Weg hoppeln und auch Bäume. Eigentlich sieht man dem Frühling beim Wachsen zu. In der vergangenen Woche durfte ich bei einem meiner Spaziergänge beim Schneiden eines Baumes zuschauen. Und durchs Zuschauen lernt man ja auch schon sehr viel. Beispielsweise, wie die Zweige aussehen, die ausgezwickt werden müssen, so dass im Laufe des Jahres wieder schöne Äpfel geerntet werden können. Ähnliches hören wir auch im Sonntagsevangelium. Dort geht es nicht um den Apfelbaum, sondern um den Feigenbaum, aber in der Rhön gibt es (vermutlich) keine Feigenbäume. Jedenfalls ist mir noch keiner begegnet. Der biblische Feigenbaum bringt schon das dritte Jahr in Folge keine Früchte hervor. Das macht den Besitzer so wütend, dass er seinem Winzer befielt, den Baum nun umzuhauen. Doch der Winzer hat noch Hoffnung. „Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte.“ Ich denke jede und jeder von uns kennt einen solchen „Baum“. Und auch wir sind manchmal solche Bäume. Wir kennen unsere Schwächen. Wir wissen, was beruflich und privat von uns erwartet wird. Nur die Umsetzung, die ist einfach schwer und unsere Ausrichtung noch nicht optimal. Für unseren Gott müssen wir nicht perfekt sein – wer ist das schon. Aber vielleicht gelingt es uns in dieser Fastenzeit eine bessere Version von uns hervorzurufen. Also haben wir doch Hoffnung für uns, so wie der Winzer für den Feigenbaum und lassen wir uns auf die Chance ein, die uns geschenkt wird.
Annemarie Göbel, Gemeindereferentin Pastoraler Raum Burkardroth