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Kurort Bad Kissingen

Wort zum Sonntag 21.04.2024

Till Roth, Dekan in Lohr

Liebe Leserinnen und Leser!

Neulich ist mir in einer Zeitschrift das Bild eines Kirchturms, der mitten aus einem See herausragt, aufgefallen. Es hat mich gleich fasziniert, und so habe ich etwas nachgeforscht. Es handelt sich um den Pantà de Sau, einen Stausee in der Provinz Barcelona in Spanien. Er wurde 1962 vollendet und stellt eine wesentliche Quelle der Wasserversorgung Kataloniens dar. Wegen des Baus des Staudamms mussten damals die Bewohner einiger Ortschaften umgesiedelt werden. Erhalten ist noch die Kirche des Ortes Sant Romà de Sau, die immerhin aus dem 10. Jahrhundert stammt. Selbst bei vollständiger Füllung des Stausees ragt die Kirchturmspitze um etwa zwei Meter heraus. In trockenen Jahren dagegen kann der Wasserstand so weit absinken, dass die Kirche vollständig wieder zum Vorschein kommt!

Für mich hat dieses Bild eine sinnbildliche Bedeutung: Der Kirche hierzulande steht das Wasser bis zum Halse. Viele Menschen treten aus der Kirche aus oder gehen auf innere Distanz zu ihr. Das Vertrauen in Institution schwindet im Allgemeinen und das in die Kirche im Besonderen, etwa durch Missbrauchsskandale. Der Einbruch der Kirchensteuereinnahmen schafft Probleme und beschäftigt mit Strukturfragen. Aber auch innere Macht- und Richtungskämpfe, mangelnder Nachwuchs und fehlende Überzeugung und Ausstrahlung setzen der Kirche in Deutschland zu. Wird sie ganz untergehen?

Vieles wird sich wohl verändern, ja verändern müssen. Die Sparzwänge lasten jetzt schon auf den Ortsgemeinden, so wie er aus anderen Gründen auf Städten und Kommunen lastet. Vakanzen erschweren das Gemeindeleben, und es sieht nicht danach aus, dass Ehrenamtliche das ausgleichen werden. Zurzeit suchen die evangelischen Gemeinden Ehrenamtliche für die Kirchenvorstände, die im Herbst neu gewählt werden – und es zeigt sich, wie schwer das ist. Trotzdem habe ich keinen Zweifel daran, dass es auch künftig Menschen geben wird, für die der Glaube an Gott ein tragender Grund ihres Lebens und eine existentielle Erfahrung darstellt. Mögen es auch weniger sein – sie werden sich auch künftig als Gemeinde versammeln und neue Wege finden, Glaube, Hoffnung und Liebe zu leben und miteinander zu teilen. Es ist eine Scheidezeit, in der sich jeder Einzelne entscheiden muss, was ihm bzw. ihr die Verbundenheit mit Gott und die Ortsgemeinde bedeuten. Will man das Christentum auch mit seiner ganzen Segensgeschichte hinter sich lassen? Oder will man sich einsetzen für die Weitergabe des Glaubens und der Werte und die Kirche am Ort mitgestalten?

Die aus dem Stausee ragende Kirchturmspitze – ich finde dieses Bild trotz allem auch ein Hoffnungsbild: Die Kirche ist noch da! Alles andere ist verschwunden. Ihre Spitze zeigt unbeirrt nach oben – sozusagen konzentriert auf ihre Hauptaufgabe. Und wer weiß, in welchen kommenden Dürrezeiten unserer Gesellschaft sie zu erneuter Sichtbarkeit und Bedeutung gelangen wird.

Till Roth, Dekan in Lohr