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Kurort Bad Kissingen

Wort zum Sonntag, 18.09.2022

Matthias Karwath, Pfarrvikar im Pastoralen Raum Bad Kissingen und Exerzitienbegleiter

Seid klug wie die Schlangen

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie kennen vielleicht den Film „Schindlers Liste“, der 1993 in den Kinos lief. Der Film beschreibt, wie der deutsche Industrielle Oskar Schindler, selber Mitglied der NSDAP, während des Zweiten Weltkrieges in Krakau eine Emaille-Fabrik aufbaut.

Da er über wenig Eigenkapital verfügt, beschäftigt er jüdische Arbeits-kräfte aus dem Krakauer Ghetto, weil diese ihm weniger Kosten ver-ursachen als polnische Arbeiter.

Im Laufe der Zeit wandelt sich die innere Einstellung des Geschäfts-mannes Oscar Schindler. Leiten ihn anfangs noch rein finanzielle Motive, so berührt ihn mehr und mehr das menschliche Schicksal der Juden. Es gelingt ihm, insgesamt 1200 Juden bei sich zu beschäftigen. Gegenüber den SS-Verantwortlichen begründet er dies damit, dass die jüdischen Fabrikarbeiter dringend benötigtes Geschirr für deutsche Feldküchen herstellen würden.

Durch sein taktisches Geschick und sein phantasievolles, kluges Vorgehen hat Oscar Schindler damit zahlreiche Juden vor dem sicheren Tod in Auschwitz bewahrt.

Damit ist er geradezu ein Paradebeispiel dafür, was Jesus im heutigen Evangelium (Lk 16,1-13) am Verhalten des unehrlichen Verwalters als vorbildhaft heraushebt.

Sein Arbeitgeber kündigt ihm, weil er dessen Vermögen verschwendet hatte. Nun sucht der Verwalter nach einer Möglichkeit zu überleben und kommt auf den Gedanken, sich das Wohlwollen anderer Menschen zu sichern.

Einem Schuldner seines Herrn nach dem anderen erlässt er – unerlaubter Weise – einen Teil ihrer Schulden, sodass sie ihn als Wiedergutmachung bei sich aufnehmen und er sich so sein eigenes Überleben ergaunert.

Mit dem Beispiel des unehrlichen Verwalters will Jesus nicht zur Korruption oder zum Betrug aufrufen. Er ermuntert vielmehr, sich auf kluge, phantasievolle und kreative Weise aus Engpass-Situationen herauszuarbeiten, wenn eine Notsituation keine anderen Wege zulässt.
„Seid klug wie die Schlangen“, sagt Jesus ganz ähnlich im Matthäus-Evangelium (Mt 10,16).

Wie das im Alltag gelingen kann, möchte ich an einem weniger drama-tischen Beispiel erläutern. Ich habe vor Jahren mit einem Pfarrer zu- sammenarbeiten müssen, von dem alle wussten, dass er ein starker Choleriker war.

Man wusste nie, wie man bei ihm dran war und es konnte leicht passieren, dass man einen unerklärbaren Tobsuchtsanfall über sich ergehen lassen musste, wenn irgendein Vorhaben seinen Vorstellungen nicht entsprach.

Die besten Erfahrungen habe ich dann mit ihm machen können, wenn ich ihm das Gefühl der Überlegenheit und der völligen Entscheidungs-freiheit gegeben habe. „Wir haben dieses und jenes vor“, tastete ich mich oft an ihn heran, „sind uns aber total unsicher, wie wir das angehen können. Ich vermute, dass du viel besser einschätzen kannst, ob und wie das funktionieren könnte…“ Sehr, sehr häufig habe ich erlebt, dass er folgendermaßen reagierte: „Das könnt ihr machen, wie ihr wollt. Ihr schafft das schon!“

Er fühlte sich anerkannt und in seiner Machtposition nicht bedroht. Wäre ich forsch aufgetreten und hätte meine Ideen mit Vehemenz eingefor-dert, hätte er sie abgelehnt. So ließ ich ihn im Glauben, überlegen zu sein und konnte auf diese Weise meine Vorhaben – in den meisten Fällen – durchsetzen.

Seid klug wie die Schlangen!


Matthias Karwath,
Pfarrvikar im Pastoralen Raum Bad Kissingen und Exerzitienbegleiter