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Kurort Bad Kissingen

Wort zum Sonntag 11.08.2024

Pfarrer Steffen Lübke, Krankenhaus- und Rehaseelsorge Bad Kissingen, Leiter des Regionalzentrums für Klinische Seelsorgeausbildung am Universitätsklinikum Würzburg

Aus der Fülle leben

Der Blick in den Garten: Auf dem Sommerflieder tummeln sich Pfauenaugen und Distelfalter. Am Seifenkraut ein Taubenschwänzchen, das wie ein Kolibri mit unglaublich schnellem Flügelschlag vor der Blüte in der Luft steht und mit seinem langen Rüssel den Nektar aus dem Kelch saugt. Zinnien, Spinnenblumen und Cosmea übertreffen sich in ihrer Blütenpracht und ziehen die aufmerksamen Blicke unserer Bienen auf sich. An den üppig blühenden Kräutern Wildbienen, Hummeln, Käfer. Überall summt es. Eine Pracht, das Auge kann sich nicht satt sehen. Und der Duft betört die Sinne. Ich kann ihn schon riechen, wenn ich aus der Stadt komme und mich unserem Grundstück nähere. In wenigen Jahren hat sich der Boden um unser Haus, den wir neu bepflanzt haben, in einen Garten voller Wunder verwandelt mit einer atemberaubenden Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Sogar eine Bananenstaude hat den Winter überstanden, ihren prominenten Platz in der Mitte des Gartens eingenommen und verbreitet ein exotisches Flair. Und vieles wächst und blüht, was wir gar nicht selbst hinzugetan haben. Der Wind und die Vögel haben es gebracht. Wir haben ihm lediglich Raum gegeben, neugierig und gespannt, was da wächst und gedeiht. Kulturpflanzen neben Wildpflanzen und die Insekten finden sich von selber ein. Freunde fragen manchmal: Wie gießt Ihr das alles? Und wir sagen: Wir gießen nie. Unser Boden ist so gut, dass er genügend Wasser speichert. Selbst in den letzten trockenen Sommern. Manches bleibt eine Weile zurück, wenn es länger nicht regnet. Aber mit den ersten Tropfen holt es in kurzer Zeit nach, was es zuvor versäumt hat. Und Bäume und Sträucher treiben ihre Wurzeln in die Tiefe und finden dort zu jeder Zeit genug Wasser. Die Natur sorgt für sich selbst, wenn man sie lässt. Pflanzen, die sich gegenseitig nähren und beschützen, gesellen sich zueinander. Was für den Standort nicht geeignet ist, verschwindet wieder und macht anderem Platz.

Und ich frage mich immer wieder: Könnte unser Garten vielleicht ein Modell sein auch für uns Menschen? Wie wäre es, wenn wir der Vielfalt einfach Raum geben? Wenn wir darauf verzichten, alles klein zu halten oder zurückzustutzen, was nicht unseren Vorstellungen entspricht? Wenn wir mehr neugierig wären, was zueinander findet und Seite an Seite existiert? Wenn wir mehr Vertrauen hätten, dass Vielfalt Reichtum bedeutet! Wenn wir staunen können darüber, wie sich manche Exoten im heimischen Garten wohlfühlen? Vertrauen auch, dass wir die Gabe haben, uns anzupassen, Neues zu integrieren, und dass sich neue Symbiosen entwickeln. Vieles können wir nicht ändern. Aber wir können lernen, damit zu leben, gut zu leben. Symbiose, dieses Wort stammt übrigens ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet Zusammenleben.

Pfarrer Steffen Lübke,

Krankenhaus- und Rehaseelsorge Bad Kissingen, Leiter des Regionalzentrums für Klinische Seelsorgeausbildung am Universitätsklinikum Würzburg