Nüchtern und bereit.
Die Welt steht Kopf. Das könnte ein Faschingsmotto sein. Doch Fasching ist vorbei.
Die Welt steht Kopf. Das scheint mit Fasching nicht vorbei zu sein - wenn ich mir durch den Kopf gehen lasse, wie derzeit bewährte Überzeugungen und Sicherheiten durcheinander gewirbelt werden:
Menschenrechte und Völkerrecht scheinen dem sogenannten „Recht des Stärkeren“ weichen zu müssen.
Wahrheiten werden durch (unsinnige) Behauptungen ersetzt; diese Behauptungen überprüfen zu wollen, gilt als obsolet.
Westliche Werte und die Solidargemeinschaft demokratischer Länder kommen ins Wanken.
Wer auf Gerechtigkeit pocht, wird bedroht.
Die Welt steht Kopf. Wie soll man sich da orientieren? Woran soll man sich orientieren?
Das ist auch für Jesus die Frage, bei seiner Fastenzeit, 40 Tage in der Wüste.
Drei Versuchungen ist er ausgesetzt. Immer setzt der Teufel bei den Schwächen an, bei dem scheinbar Plausiblen:
Jesus hat Hunger. Die Versuchung: Ein Wunder wirken. Aus Steinen Brot machen. Also: Seine Fähigkeiten zum eigenen Vorteil ausnutzen. „Ich zuerst!“
Jesus sieht die ganze Welt. Die Versuchung: Macht über andere und Reichtum. Sich zu Gott zu machen. „Ich bin der Größte!“
Jesus könnte von Gott ein Wunder fordern. Die Versuchung: Dem Schwierigen entgehen. Dem Mühsamen, dem Leid ausweichen. „Ich weiß einfache Lösungen.“
Jesus widersteht den Versuchungen.
Fastenzeit bedeutet, mit dem Text eines Liedes aus dem alten Gotteslob: „Nüchtern und bereit, lass uns, Herr, hier leben. Und in Lauterkeit von dir Zeugnis geben.“ Also: Den Versuchungen widerstehen mit folgender Haltung:
Der/die andere und ich - gemeinsam!
Gottes Wort, Gottes Werte, die Würde des Menschen stehen oben!
Gute Lösungen (vermutlich mühsam) suchen, nicht einfache!
Gehen Sie durch die Fastenzeit, nüchtern und bereit, also offen für das, was Ihnen begegnet, und was Ihnen von Gott her geschenkt (vielleicht auch zugemutet) wird.
Kopf hoch! Wir sind gesegnet!
P. Markus Reis OSA, Pfarrer in Münnerstadt