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Kurort Bad Kissingen

Wort zum Sonntag, 08.01.2023

von Matthias Karwath, Pfarrvikar im Pastoralen Raum Bad Kissingen und Exerzitienbegleiter

Auf welcher Seite steht Gott?

Liebe Leserinnen und Leser,

Weihnachten flammt am 6. Januar nochmal auf, wenn in den Gottes-diensten das Evangelium vorgetragen wird, dass Sterndeuter aus dem Osten das neugeborene Kind in der Krippe besuchen. Unsere Stern-singer und Sternsingerinnen bringen den Segen des Christus-Kindes in die Häuser und Wohnungen und schreiben an die Türen: Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus.

Für manche ist vielleicht überraschend, dass die orthodoxen Kirchen Osteuropas sowie Spanien erst am heutigen Festtag das Weihnachtsfest begehen. Ähnlich wie die Sterndeuter, die erst am heutigen Tag Geschenke zur Krippe bringen, werden auch in Spanien und den orthodoxen Kirchen erst heute Geschenke ausgetauscht.

In diesem – neu begonnenen – Jahr führt das zu der paradoxen Situation, dass die Christen in Russland und in der Ukraine beide den Segen von Weihnachten erbitten und miteinander Krieg führen.

Kyrill I., der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, befürwortet den Krieg, den Putin gegen die Ukraine führt und erbittet den Segen für die russischen Truppen und der Kiewer Metropolit Epiphanius, Primas der ukrainisch-orthodoxen Kirche erbittet genau das Gegenteil, nämlich den Segen für die ukrainischen Truppen und den Misserfolg Russlands.

Auf welcher Seite steht dann eigentlich Gott? Welche Gebete erhört er?

Der russisch-ukrainische Krieg macht in meinen Augen deutlich, dass keine Religionsgemeinschaft vor Gefahren und Fallen bewahrt bleibt. Eine der größten Gefahren ist, Gott für die eigene Religion zu verein-nahmen und im „Namen Gottes“ anderen Menschen großes Leid zuzufügen.

Was kann uns davor bewahren, in diese Falle hineinzugeraten? Jesus Christus nennt als entscheidendes Überprüfungskriterium die soge-nannte „Dreifache Beziehung“: Das Ineinander und Miteinander von Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe. Vgl. Matthäus 25,40: „Was ihr für einen meiner geringsten Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Die drei Liebesformen bilden nicht ein Gefälle, sondern stehen gleich-berechtigt nebeneinander und müssen in einer Balance gelebt werden. Wenn ich gegen meinen Bruder Krieg führe, dann liebe ich Gott nicht mehr, sondern führe auch gegen Gott Krieg! Das meint diese Eben-bürtigkeit von Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe.

Keiner der beiden Oberhäupter der russisch- oder ukrainisch-orthodoxen Kirche darf also Gott auf seiner Seite wähnen. Das Ziel müssten ein Ende des Krieges und Friedensverhandlungen sein.

Heißt das in der Konsequenz, dass die Ukrainer sich gegen die Gewalt der russischen Truppen nicht mehr wehren dürfen, weil ein Krieg ja nicht mehr der Liebe entspricht?

Gegen Ungerechtigkeit, Gewalt und Tod müssen und dürfen wir uns wehren. Uns muss aber bewusst bleiben, dass dies eine Ausnahme-situation ist und alles dafür getan werden muss, die Balance zwischen Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe wiederherzustellen.

Der inhaltliche Sprung vom Kriegsgeschehen in der Ukraine auf das Geschehen in der Krippe ist gewaltig und doch entspricht er unserer Wirklichkeit. Wir können nur hoffen und beten, dass die Geburt Jesu auf Dauer zu einem Ende von Krieg und Gewalt führt und das Antlitz dieser Erde ändert.

Ich wünsche uns trotz allem ein gutes und erfüllendes Jahr 2023.

Matthias Karwath,
Pfarrvikar im Pastoralen Raum Bad Kissingen und Exerzitienbegleiter