Kein Trostpflaster, sondern Antrieb – Was uns Hoffnung heute noch geben kann
Dieses Jahr ist ein Jahr der Hoffnung – zumindest für uns katholische Christen. Papst Franziskus hat ein Heiliges Jahr ausgerufen und unter das Motto „Pilger der Hoffnung“ gestellt. Und so werden fleißig Gottesdienste gefeiert, Hoffnungs-Orte ausgeschildert und bunte Broschüen gedruckt.
Unbestritten ist: Hoffnung ist eine der tragenden Säulen des christlichen Glaubens. Sie ist mehr als nur ein flüchtiges Gefühl – sie ist eine innere Haltung, ein Wegweiser auf dem Pfad des Lebens.
Dennoch darf und muss die Frage erlaubt sein: Wie vermeiden wir, dass der Begriff Hoffnung zur hohlen Phrase, zum inhaltlslehren Geschwätz wird? Was taugt Hoffnung heute noch – angesichts all der Krisen und Katastrophen? Wann wird Hoffnung zur Realitätsverweigerung und zur Illusion?
Wichtig, um die Geister zu unterscheiden, scheint mir: Echte Hoffnung nimmt die Realität Ernst. Sie ist kein naiver Optimismus. Sie blendet nichts aus, sondern schaut genau hin – auf Krankheiten, Krisen und Ungerechtigkeiten. Sie ist kein „Alles wird gut“, sondern ein „Wir gehen da durch“.
Doch Achtung: Nicht jede Hoffnung ist tragfähig. Die Illusion eines Lebens ohne Rückschläge? Ein Trugbild! Die Annahme, die ganze Welt tickt so wie ich? Eine unrealistische Vorstellung! Der Glaube an ewigen Wohlstand auf Kosten anderer und der natürlichen Ressourcen? Eine Selbsttäuschung! Hoffnung fordert uns Menschen auf, erwachsen durch die Welt zu gehen und nicht kindlichen Hoffnungsphantasien auf den Leim zu gehen.
Zudem kann Hoffnung gefährlich werden, wenn sie nur auf eine ferne Zukunft setzt. Wer glaubt, dass Gott allein alles richten wird, riskiert Passivität. Die Geschichte zeigt: Eine Hoffnung, die nur auf ein Jenseits verweist, kann bestehende Ungerechtigkeiten festigen und Machtsansprüche zementieren. Die bestehende Ordnung ist dann eben „gottgewollt“, eine Veränderung nicht im Rahmen des Möglichen.
Ein bloßes „Alles wird gut“ führt dazu, Herausforderungen zu ignorieren, statt sie aktiv anzugehen. Echte Hoffnung hat also mit Handeln zu tun. Sie fordert heraus. Sie sagt: „Da geht noch was!“ Sie wartet nicht auf Wunder, sondern ermutigt zum Handeln. Václav Havel formulierte es treffend: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht.“ Wer hofft, gibt nicht auf. Wer hofft, bleibt in Bewegung. Hoffnung ist Tat.
Christlicher Glaube bedeutet, als „Pilger der Hoffnung“ unterwegs zu sein – nicht als Zuschauer, sondern als Gestalter. Hoffnung treibt uns an, auch wenn Rückschläge kommen. Sie gibt Richtung. Sie ist kein vages Gefühl, sondern der entschlossene Wille, für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Das Reich Gottes kommt nicht von selbst – wir müssen es schon mitbauen. Jetzt. Hier. Heute.
Jens Hausdörfer
Geistlicher Begleiter Haus Volkersberg