Mit leichtem Gepäck
Ab in den Urlaub! - Bald ist es soweit. Seit Wochen geht mir dieser Aufbruchstag schon durch den Kopf: Welche Reiseroute nehmen? Unterwegs noch den Onkel besuchen? Die Baustellen auf dem Weg bedenken! Lieber schon in der Nacht los? Und wie ich mich kenne, werde ich zum Packen wieder viel länger brauchen als geplant…, und werde am Ende zwei Drittel der eingepackten Sachen unbenutzt mit nach Hause zurückbringen.
So manche von Ihnen werden da mit mir mitfühlen können. In dem professionellen Takt, mit dem wir unseren Alltag gestalten, beginnen wir auch erst einmal unseren Urlaub. Wir wollen an alles gedacht haben, möchten für alles vorbereitet sein, erst recht natürlich, wenn wir uns in Familie auf den Weg machen. Und vor lauter Anspannung kracht es dann vielleicht gleich einmal im „Sozialgefüge“ oder dein Körper meldet sich gar krank. Die Entspannung, um wirklich im Urlaubsmodus anzukommen, braucht ihre Zeit.
Dass es sich sich mit leichtem Gepäck besser reist, ist eigentlich eine Binsenweisheit. Aber die Erfahrung der Überlastung bis man doch die zu fest gefassten Vorstellungen loslässt, muss wohl jeder (mindestens) einmal machen. Ich erinnere mich an meinen Aufbruch zum Pilgermarsch nach Rom mit zwei Freunden in unserer Studienzeit. Als ich an meinem ersten Etappenziel Würzburg nach 40 Kilometern quasi „auf dem Zahnfleisch“ angekommen war, konnte ich mich endlich entschließen auf die Hälfte des Rucksackinhalts zu verzichten. Das war sehr heilsam. Es war eine Entscheidung zum Vertrauen in die eigenen Kräfte mit ihren Grenzen, in die Gemeinschaft und auf das Gute in den Menschen, denen wir begegnen würden. Es war ein mutiger Akt des Gottvertrauens, das auf diesem Weg dann auch reichlich belohnt wurde.
Wer schon einmal einen längeren Pilgerweg gegangen ist, weiß, was ich meine. Das Pilgern ist ja ein bewusstes Unterwegssein im Glauben. Du stellst dich auf Überraschungen ein und beginnst, sie zu lieben. Begegnungen, Hindernisse und Herausforderungen werden zu Erfahrungen geheimnisvoller Begleitung. Sie lassen staunen und werden zu Führungen und Fügungen eines Gottes, der sich liebevoll um uns kümmert. Pilgerabenteuer werden zum wertvollen Schatz im Herzen, zur Grundlage für gute Hoffnung und Zuversicht für die Zukunft.
Das Pilgern ist Aktivurlaub. Aber die Haltung des Pilgerns kann uns auch anders durch unseren Alltag gehen lassen. Das heißt z.B. die Sinne und das Herz offen halten für den lebendigen Gott und damit rechnen, dass der mir überraschend und sogar im zunächst Widerwärtigen entgegenkommt. Pilgernd unterwegs sein heißt Ansprüche zurückschrauben und mit weniger froh und zufrieden sein. Als Pilger im Alltag sammle ich gute Gründe zum Vertrauen auf einen guten Weg. Ich kann Geduld haben und weiß mich unter Gottes Segen beschützt, gestärkt und geborgen.
Die Einladung von Papst Franziskus, „Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung“ zu sein, ist nicht nur ein Werbeslogan des Heiligen Jahres 2025 für Rom-Wallfahrer. Sie ist eine Ermutigung, leichter und mit mehr Vertrauen durchs Leben zu gehen, nicht nur im Urlaub, sondern jeden Tag neu. Aufbrechen will ich vielmehr mit Liebe, Freude und Zuversicht - und alle meine Sorge in Gottes Hände legen. Also, gute Reise oder „Buen Camino“!
Armin Haas, Pfarrer im Pastoralen Raum Bad Brückenau